270°-Blick von einer der zahlreichen Pagoden |
Die Vegetation ist savannenartig - Kakteen, vereinzelte Bäume, Gräser auf sandigem Untergrund und dazwischen immer wieder eine Pagode |
Das Meer an Pagoden scheint endlos zu sein. |
Eine der wenigen noch gut erhaltenen historischen Wandmalereien. |
Wir schlüpfen durch eine weitere kleine Öffnung und erreichen den äußeren Ring des Pagodenturms. Auf einem 40 cm breiten Sims kann man nun um die Pagode balancieren und dabei die beeindruckende Umgebung betrachten. Inmitten dieser morgendlichen Ruhe und Einsamkeit fällt langsam die Müdigkeit der nächtlichen Reise von uns ab und wir merken, dass wir langsam "ankommen".
Im Hauptraum der unteren Etage wartet bereits unser "Pagodenwart" wieder auf uns. Er hat mittlerweile ein paar Gemälde zu mehreren Stapeln auf dem Boden ausgebreitet. Betonend, dass er uns zu nichts drängen möchte, denn dann wäre es kein gutes Geschäft für ihn, zeigt er uns nun alle seine (geschätzten) 100 Gemälde. Es sind Sandmalereien - ein typisches Handwerk für diese Gegend. Dabei wird Farbe mit Sand vermischt und aufgetragen. Zum Teil wird anschließend mit einem Spatel oder einem Messer die Sandfarbe wieder entfernt. Uns interessieren weniger die Gemälde - schließlich haben wir noch mehr als drei Wochen Reisen vor uns - als vielmehr die Geschichte dahinter. Der Pagodenhausmeister erzählt, dass die Gemälde angeblich von ihm und seinen Brüder stammen würden. Es werden uns viele historische Motive und ein paar eigene Entwürfe gezeigt, immer mit dem Zusatz: "It's funny, it's from me". Diese Motive zeigen breit grinsende, kleine Comicmännchen, die sich zum Teil in obszönen Posen präsentieren.
Nach weiteren Nachfragen, erzählt uns der Künstler, dass er jeden Morgen gegen acht oder neun die Pagode aufschließen würde und dann seine Bilder verkauft. Manchmal bringt er dann seine Zeichenutensilien mit und malt hier oder seine Familie macht dies in der Zwischenzeit zu Hause. Egal ob mit Pinsel und Leinwand oder nur mit bemalten Leinwänden, er wäre jeden Tag bis nach Sonnenuntergang hier. Denn um diese Zeit würden die meisten Touristen noch einmal zu den Pagoden ausschwärmen.
Erst einige Zeit später durchschauen wir das kleine Schlitzohr. Ob er offiziell von irgendeiner Denkmalschutzbehörde wirklich damit beauftragt wurde, die Pagode morgens aufzuschließen oder ob er selbst irgendwann ein Schloss an die Tür gemacht hat, um seinen Verkaufsraum vor anderen Händlern zu schützen, können wir nicht beurteilen. Aber wir erleben in den nächsten Tagen immer wieder, dass Pagoden von lokalen Gemäldehändlern belagert werden. Diese warten nur auf Touristen, um sich dann auf sie zu stürzen. In dem Sinne haben wir mit unserem ersten "Pagodenwart" direkt Glück gehabt, da er sich die zurückhaltende burmanische Art bewahrt hat. An anderen Plätzen der Gegend geht es da ganz anders zu - aber dazu später mehr.
Was uns allerdings auch noch in Erstaunen versetzt, ist, dass wir in den kommenden Tagen zig Gemäldehändler finden, aber wir nicht einen einzigen Künstler sehen. Nicht so wie in Yangon oder Mandalay, wo die Künstler zum Teil auf der Straße zeichnen. Auch scheint es keinesfalls üblich zu sein, in der Pagode zu sitzen und nebenher zu zeichnen. Gern hätte das gesehen.
Am Schluss bleibt ein leichter Zweifel zurück, von wem die Gemälde eigentlich stammen. Denn dass die historischen Motive alle ähnlich sind und von Händler zu Händler zum Teil gleich aussehen, kann auch noch etwas mit einem historisch begründeten Bildaufbau zu tun haben. Allerdings sehen wir später in Yangon in ein paar Galerien die angeblich "eigenen Motive" des Pagodenhausmeisters und wenig später entdecken wir auch deren Ursprung: in Myanmar ist dieser Stil ein beliebter Karikatur-Stil, der zahlreiche Bücher füllt.
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