Mittwoch, 19. August 2015

Baltikum - Auf Durchreise



Allgäu....Helsinki....2300 km über Warschau, Riga, Tallinn. 
Machen wir, oder?
Machen wir so.
Da gäbe es noch die Alternative von Travemünde aus die Fähre nach Helsinki zu nehmen.
Wo liegt Travemünde?
Meck-Pom.
Wieviel Kilometer würden wir sparen?
1400 km Osteuropa und Baltikum.
Dann fahren wir lieber mit dem Auto. Wo geht's lang?
Immer in Richtung Norden, in Berlin rechts abbiegen.
Kriegen wir hin.

Haben wir hinbekommen. In der Berlin ging es einmal nach rechts und ab da immer geradewegs nach Warschau. Dann weiter durch Litauen, nach Riga und schließlich nach Tallinn. Und was wir sahen, überraschte uns durchweg. Wir hatten alte, heruntergekommene Landstriche, verwahrloste Städtchen und löchrige Straßen erwartet. Statt dessen sahen wir unendlich weite Stoppelfelder, pittoreske Dörfchen, dichte Kiefernwälder. Wir erfuhren, dass Polen eine der größten Dichten an Nationalparks hat. Auf den Autobahnraststätten wird der Müll getrennt, die Toiletten werden auch auf kleinen Parkplätzen jeden Morgen gereinigt und die Landstriche um die Autobahnen herum sehen natürlich aus und nicht wie eine riesige Mülldeponie. Ich denke, man kann gut herauslesen von welchen Vorurteilen ich in Richtung Osteuropa geprägt bin - geprägt von Marktausflügen in meinen Kindertagen in die Randbezirke Polens, gleich hinter Zittau. 


Und nicht zu vergessen: das Vorurteil, dass man in Polen selbst vom fahrenden Fahrzeug die Räder gestohlen bekommen kann. 
Gebt es nur zu: auch ihr hegt derlei Vorurteile.
Kurzum, bei uns stellte es sich wirklich als Vorurteil heraus. Das Auto blieb heil und bei keinem unserer Übernachtungsplätze mussten wir irgendwelche Bedenken haben. Nur eine kleine, recht amüsante Anekdote, die ganz gut in das oberflächliche Bild Osteuropas passt, sollte erzählt werden: 

Wir hatten die Nacht zwischen Stoppelfeldern in Litauen kurz hinter dem Grenzübergang zu Polen verbracht. Die umliegenden Bauernhöfe erwachten früh zum Leben, so dass wir ohne Frühstück und Kaffee den Bus fahrbereit machten und in Richtung Lettland aufbrachen. Die erste Parkmöglichkeit an der Überlandstraße nutzten wir für einen Frühstücksstopp. Kaffee-schlürfend schauten wir auf der Rücksitzbank dem Treiben vor der Frontscheibe zu. Die litauische Polizei zog ganze Kolonnen von LKWs heraus und kontrollierte die Pausezeiten. Schließlich überführten sie einen sichtlich geknickten Fahrer. Es wurde ruhiger, ein paar Formulare wurden ausgefüllt. Auf einmal kam ein Transporter auf den Parkplatz gefahren. Zwei Männer in Anzughose und kurzen blauen Hemden mit Bügelfalte und Schulterstickerei stiegen aus. Nach einer kurzen Diskussion schritt einer der Männer auf den Bus zu. Fassungslos sahen wir zu wie der Mann die Fahrertür aufmacht, sich auf den Fahrersitz setzt und versucht einen zum Glück nicht steckenden Zündschlüssel umzudrehen. Blitzschnell und unter lautem Protest stürzen wir uns auf den Schlüssel, der auf dem Amaturenbrett liegt. Trotz lautem Einspruch unsererseits lässt sich der Mann erst einmal nicht vom Fahrersitz weg bewegen, ignoriert uns und diskutiert weiter mit seinem Kollegen. Erst nach einigen Minuten löst sein Kollege die Situation gestikulierend auf und bedeutet uns, dass wir einfach nur umparken sollen, damit der LKW vor uns besser inspiziert werden kann. Die Polizei steht immer noch neben uns und füllt Protokolle aus, keiner greift ein oder kommt zur Hilfe. Wir vermuten schließlich, dass es sich hier um irgendeine Abordnung der Polizei oder sonstiger Sicherheitsfirma handelt, die scheinbar mit solch hohem Grad an Offiziellität handelt, dass es keinerlei Erklärungen an ausländische Autobesitzer bedarf. Mit immer noch pochendem Herzen ziehen wir bald weiter. 







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