Samstag, 16. August 2014

Brighton/UK - Buddhistisch Gärtnern II

Mein Work&Travel-Aufenthalt in einem buddhistischen Kloster in Brighton sollte direkt im Anschluss an eine Rucksacktour quer durch die Vogesen statt finden. Da ausgemacht war, dass ich für Kost und Logis gärtnern würde,  hatte ich entsprechende Vorkehrungen getroffen. In meinem Tourenrucksack befanden sich also zwei Wochen lang ein paar rote Gummistiefel und ein knallgelbes Regencape. Man will ja vorbereitet sein...
Morgens um sechs ging es von Straßburg mit dem Zubringer zum Flugplatz Baden-Baden und dann mit dem Flieger nach London Stansted. Leider hatte ich im Vorfeld meinen Rückflug aus organsisatorischen Gründen nicht buchen können und hoffte nun darauf, dies direkt am Ryanair-Schalter nachholen zu können.  So einfach war das dann leider aber doch nicht. Der Flug sollte mich am Schalter ganze 80 Euro mehr kosten, da man mir special offers aus dem Internet nicht anbieten könne. Das gab meine knapp bemessene Reisekasse allerdings nicht her. Also versuchte ich in den folgenden zwei Stunden an einem kostenpflichtigen, internetfähigen Computer einen Rückflug zu buchen. All meine Kredit- und EC-Karten versagten ihre Dienste. Nach dem dritten Telefonat an meine Familie erreichte ich endlich meine Großmutter, die mir netterweise wiederum ihre Kreditkartendaten zur Verfügung stellte. Aber auch das brachte nichts. Mal wieder hinderte mich irgendein super galaktisches Problem daran, einen für mich bezahlbaren Flug zu buchen.
Ratlos verschob ich das Problem auf später - 'Kann mich ja auch noch in meiner Unterkunft drum kümmern', so dachte ich.
Erst einmal übermannte mich der Hunger. Bloß gut,  dass ich am Abend vorher noch einen leckeren Ziegenkäse und morgens ein Baguette gekauft hatte.
Leider fing nach der ersten Hälfte, der Käse an, seltsam zu schmecken - es war mehr ein komisches Gefühl im Mund als eine besondere Geschmacksnote. Prompt wurde mir auch schlecht.  Meine Gesichtsfarbe wechselte zu einem ungesunden grau-grün und ebenso wie den Käse hätte ich gern auch meinen Magen im Mülleimer entsorgt.
Leicht angeschlagen beschloss ich, dass es nun doch mal  Zeit wäre, den Weg zum Kloster anzutreten.  Mit dem Bus sollte es bis Victoria Station im Herzen Londons gehen und dann mit dem Zug weiter nach Brighton. Da mich aber bereits an der Bushaltestelle vorm Terminal der erste Schüttelfrost überkam, wurde es eine unkomfortabelere Reise als ursprünglich geplant. 
Eineinhalb Stunden später war ich in der britisch-akkuraten Warteschlange entsprechend weit nach vorn gerückt,  um den Shuttlebus in die City besteigen zu können.  Der Vorteil ist eindeutig,  dass man für weniger Geld als mit dem Stansted Express in die Stadt kommt. Dafür ist er allerdings auch entsprechend beliebt. Während der Wartezeit hat mir mein übergroßer Rucksack gute Dienste geleistet - als Hocker, Rückenlehne und Stuhl. Der Schüttelfrost lief unterdessen zu Hochtouren auf.
Nach einer fast einstündigen Busfahrt erreichte ich schließlich London, von wo aus es mit per Metro weiter ging - die hunderte Meter langen, gut beheizten Schächte machten meinem fiebrigen Zustand so zu schaffen, dass ich mich irgendwann halb entkräftet gegen die weißen Kachelwände sinken ließ. Allerdings machte es das auch nicht besser, die schlechte Luft nahm mir den Atem. Schnell wurde mir klar, dass sich mein Zustand nur bessern wird, wenn ich versuche, so schnell wie möglich anzukommen. Mit einmal umsteigen erreichte ich schließlich den Überlandzug nach Brighton. Total entkräftet ließ ich mich im Rush-Hour-Verkehr auf einen hart erkämpften Sitzplatz fallen. Den Rucksack musste ich aus Platzmangel senkrecht vor mir auf dem Tisch ausbalancieren. Während wir Londons Randviertel passierten,  lichteten sich die Reihen im Zug immer mehr, so dass ich irgendwann mit dem Kopf auf den Nebenplatz sinken konnte. Nach einer Stunde halb-komatösen Schlaf erreichte ich schließlich Brighton. Nun musste ich nur noch das buddhistische Kloster finden.
Leider hatte ich von meiner Unterkunft nur eine Adresse und eine kleine Skizze der zwei angrenzenden Kreuzungen.  Und ungünstigerweise fand ich am Bahnhof zwar einen Stadtplan, der auch die Straße meiner gesuchten Adresse enthielt,   allerdings lag das Kloster ganz offensichtlich außerhalb dieses Kartenausschnitts. Zugegebenermaßen ist diese Reise schon ein paar Jahre her - ich hatte damals weder ein Smartphone mit Internetzugang noch mit Kamera. Von dieser hatte ich ein analoges Modell mitgenommen,  aus Angst, dass eine digitale Kamera bei Nässe während der vorangegangenen Rucksacktour kaputt gehen könnte. 
Also versuchte ich mir mit ein paar Strichen auf einem Fahrscheinschnipsel den Weg zu skizzieren,  um zur gesuchten Straße zu gelangen. An dieser Stelle muss ich ehrlich gestehen, dass mir hier ca. eine Stunde meines Gedächtnisses fehlt. Ich weiß nur noch,  dass mich immer höheres Fieber ereilte, es irgendwann anfing zu regnen und ich irgendwann mit meinen roten Gummistiefeln bekleidet, also trockenen Fußes, aber ansonsten vollständig durchnässt an einem Haus klingelte.  Dessen Bewohner schauten mich kurz von oben bis unten an und erklärten mir - ohne, dass ich überhaupt danach gefragt hatte - sofort den Weg zum Kloster drei Häuser weiter.
Dort angekommen,  muss ich wohl einen ziemlich mitleidigen Eindruck erregt haben, denn nach einer kurzen Hausführung wurde ich ohne Umwege ins Bett geschickt - ich nahm dankend an und wachte erst vierzehn Stunden später auf - von einer Feueralarmsirene über meinem Bett.
Weiter geht's im nächsten Teil.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen