Donnerstag, 18. Dezember 2014

Zwischenstop in HCMC – Auf der Suche nach Chinatown

Aufgrund der Vielzahl an Ereignissen und der Unmenge an Eindrücken werde ich im Folgenden in eine andere Erzählart wechseln. Es wird weniger chronologisch als viel mehr situativ sein und Erlebnisse als Momentaufnahmen darstellen.


Skyline von District 1 - HCMC


Wir sind etwas unausgeschlafen – nach einem 36 Stunden Tag mit nur kleinen Nickerchen zwischendurch waren die ersten 7 Stunden Schlaf ein Tropfen auf dem heißen Stein. Eigentlich schon recht spät für Vietnamesen erhalten wir in der Garküche drei Häuser weiter noch ein Frühstück: Pho (also traditionelle Nudelsuppe) mit Rindfleisch. Welch Wohltat... mit einer warmen Suppe im Bauch lässt sich der Jetlag gleich viel besser verdauen.


Vermutlich ist dieser Zebrastreifen einem
Zebra gewidmet. Jedenfalls keinem Menschen.

- eine Stunden später -

Wir schlendern über den Benh Thanh Market. Ein Markt direkt im Herzen von Ho Chi Minh City, an dem kein Tourist vorbei kommt. Es geht durch enge Gänge, an Ständen mit T-Shirts, traditionellen Seiden und Satin-Kleidern, Morgenmänteln, Kinderspielzeug, Gewürzen, Pilzen, Handtaschen. Dabei ist das Angebot so reichhaltig gestaltet, dass sowohl Touristen als auch Einheimische auf ihre Kosten kommen – dafür allerdings auch relativ hohe Preise zahlen. Wie bei fast jedem Markt in Vietnam reiht sich am Rande der großen Halle ein Food Court an, wo nicht nur Händler ihr Mittagessen beziehen, sondern auch Käufer von Stand zu Stand laufen und die auf Edelstahltischen servierten Gerichte genießen. Im angrenzenden Außenbereich wird Fisch und Fleisch sowie Obst und Gemüse angeboten. Für unsere Verhältnisse recht ungewöhnlich: Fleisch wird nicht gekühlt, sondern lediglich mit einem Wedel zum Verscheuchen der Fliegen bewacht. Zumeist wird auf gefliesten Tischen präsentiert. Schweinedarm reiht sich an Gehirn, ganzen Hühnchen, zerlegten Fisch, Schweinsnase, mit Bananenblättern gefesselte Krabben und allerlei anderes Seegetier, was wiederum auf Eis liegt. Zwar fehlen die wirklichen „Highlights“ wie Schildkröte und Frosch, auf Touristen wirkt aber das geschmälerte Angebot meist schon sehr beeindruckend.

Wer übrigens glaubt, während seines Urlaubs auf sicherer Seite zu sein, in dem er nur in hochpreisigen Restaurants isst, der irrt. Die meisten Lokale und Hotels beziehen ihre Fleisch- und Fischware von lokalen Märkten. Da unterscheidet sich eine 5 Sterne-Hotelküche nur selten von einer Garküche auf der Straße. Lediglich die Umgebung der Zubereitung kann anders sein. Allerdings habe ich auch hier schon erlebt, dass aus relativ hochpreisigen Restaurantküchen Ratten rannten und in hübsch zurecht gemachten Seafood Restaurants mit dem Brett auf dem Boden geschnitten wurde.

- ca. 30 min später -

An der Stelle, an der die Touristeninfo in vielen Stadtplänen noch eingezeichnet ist, klafft nun ein Loch. Vor und hinter der Oper wird gebaut, so dass dieser hübsche Kolonialbau gerade kein Touristen-Bildmotiv abgibt. Da ich meinen Reiseführer für „die paar Tage Vietnam“ vor uns nach unserem Myanmar-Aufenthalt Zuhause gelassen habe, müssen wir uns nun also ohne ausführliche Straßenkarte durchschlagen – die Map von District 1, das unmittelbare Zentrum von HCMC muss ausreichen.

Alt neben neu - die Stadt ist im ständigen Umbruch

Gelebt wird üblicherweise auf kleinstem Raum.
Vor allem in den Großstädten sind die Wohnpreise extrem hoch.


- ca. 2 Stunden später -

Wir irren immer noch in senkender Mittagshitze umher und haben uns total verlaufen. Eigentlich sind wir auf dem Weg nach Chinatown, wo ich vor eineinhalb Jahren schon einmal war. Aber mir kommen so viele Ecken bekannt vor, dass ich mich im Straßennetz total verfranze. Erschöpft lassen wir uns auf eine Bank im Innenhof eines buddhistischen Tempels nieder – ein Schluck Wasser, ein bisschen Schatten, ein paar Minuten sitzen; dann wird’s schon wieder gehen. Ein Mönch erscheint im Hof und bittet uns ins Innere des Tempels. Brav ziehen wir unsere Schuhe vor der Schwelle aus und betreten barfuß die angenehm kühlen Marmorfliesen. Nicht ohne Stolz zeigt uns der Mönch „seinen Buddha“ - groß, sitzend, vergoldet in meditativer Handhaltung. Davor stapeln sich zahlreiche Opfergaben auf einem kleinen Tisch – Kekse, Getränkedosen, Obst, Blumen und Räucherstäbchen sind darunter zu finden.

Typisches Straßenbild in VN: Markisen, Blechverschläge,
enge Gassen und jede Menge Mopeds.


- ca. 30 min später -

Eine weitere Pause: wir sinken erschöpft auf einen Plastikstuhl eines kleinen Cafés. Glücklicherweise gibt es, wie fast überall in Vietnam freien Internetzugang. Nach kurzer Suche finden wir unseren aktuellen Standort – Chinatown, oder auch Cho Lon ist ganze 15 Autominuten entfernt. Da muss ein Taxi her, was in dieser Gegend, die wenig von Touristen bevölkert ist, gar nicht so einfach ist. Wie sich bald herausstellt ist es selbst einfacher in kleinen Provinzstädtchen ein Taxi zu finden. Nachdem wir zwei weitere Blocks gelaufen sind, können wir endlich eines zu uns heranwinken, der uns mit Händen uns Füßen „erklärt“, dass er nicht in District 5 fahren darf, da er dafür keine Linzenz hat. Netterweise kann er uns aber gleich einen Kollegen heranrufen, der uns ohne Probleme dort hinfährt. Der markanteste Platz in diesem Viertel ist der Binh Tay Market, ebenfalls eine große, zweigeschossige Markthalle, wo wir uns absetzen lassen. Mit einem Banh, einem gedünsteten Kloß mit einer abwechslungsreichen Füllung aus Gemüse, Fleisch und Ei, stapfen wir durch das Angebot aus Sachen, Gewürzen, Kaffee, Stoffen, Schuhen usw. Als der Touristenstrom einsetzt, denn üblicherweise wir auch hier fast jede große Reisegruppe hingefahren, suchen wir das Weite. Unser Ziel ist eigentlich eine der Hauptverkehrsstraßen, die schon von Weitem ihre Chinatown-Zugehörigkeit ausstrahlt – links und rechts der Straßen reihen sich Läden, die mit religiösen und traditionellen Elementen ausgestattet sind, so dass die ganze Straße rot und gold leuchtet. Dieser Anblick ist uns heute aber leider vergönnt, denn mal wieder lässt meine Navigations- und Erinnerungsfähigkeit nach.

Wir stolpern durch schmale Gassen und weichen den zahlreichen Mopeds aus. Durch Zufall entdecken wir einen Maschinenbauer-Markt: in einer kleinen Gasse stapeln sich Schrauben, die eine Größe haben, als könnte man damit Eisenbahnschienen befestigen. Am nächsten Stand kommen 200er Gewindestangen hinzu, Unterscheiben, die so groß sind wie Handflächen. Unter unseren Schuhen stapeln sich die Metallspäne, die aus umliegenden Werkstätten quellen. In kleinen, dunklen Kämmerchen stehen dicht gedrängt 3 Drehmaschinen, die von dunkel verschmierten Männern in Plastiklatschen bedient werden. 1 m lange Wellen werden eingespannt, mit einem Metalllineal und dem Zeigefinger des Drehers wird Maß genommen, um dann die Markierung für die Weiterbearbeitung zu setzen. Vor der Drehstube werden Lager auf die Wellen geschlagen.

Verkaufsstände am Rande des Maschinenbauer-Marktes

Hochpräzisions-Schweißen
Die Dreher-Stube

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