Donnerstag, 22. Januar 2015

Myanmar - grausige Geschichten in der kalten Pagode

Und weiter geht es mit unserer Tour quer durch Yangon - geführt von Beyael, unserem myanmarischen Reiseguide.
Nachdem wir nun das Kloster hinter uns gelassen haben, besuchen wir noch die benachbarte Pagode sowie eine Handwerksfamilie, die Buddha-Statuen schnitzen. Wer Lust hat, kann als Einheimischer oder auch Tourist seine Sonderbestellung abgeben - helle, schwarze, sitzende, liegenden, stehende Buddhas...

Die Männer schnitzen, die Frauen übernehmen
anschließend die Schleifarbeit.
Busfahren in Myanmar - hier auf mal mit etwas
mehr Platz und einem Sitzplatz auf einer Holzpritsche


Abermals geht es für uns mit dem Bus weiter, zurück in die Innenstadt - genauer gesagt zur Botataung Pagode am Yangon River. In drückender Hitze und gleißendem Sonnenlicht laufen wir an mehreren Ständen mit Opfergaben entlang. Wer also noch keine passende Spende in seinen Taschen hat, der kann hier, direkt vor der Pagode, noch die passende Opfergabe finden. Blumen, Bananen, aber auch mit Blattgold bedeckte Kokosnüsse kann man finden.

Mit Blattgold umhüllte Kokosnüsse und
(rot-braune) Bananen eignen sich vorzüglich als Opfergaben.


Ein paar Schritte weiter betreten wir das Kassenhäuschen, durch den Hintereingang. Und selbstverständlich wird der Ventilator in unsere Richtung gedreht und uns ein Stuhl angeboten. Wir sollen hier hinter dem Schalter uns einige Minuten ausruhen, damit wir den Temperaturwechsel zwischen Außenluft und herunter gekühlter Pagodenluft besser vertragen. Die Kassiererinnen nutzen die Zeit und fragen uns nach nach unserer Herkunft, die Reisedauern,... Es sind dieselben Fragen, die wir auch in den nächsten vier Wochen täglich mehrmals beantworten werden. Wobei die Reaktion auch immer dieselbe bleibt: "Many tourists from Germany here. A lot!" Erstaunlich. Denn laut offizieller Statistik rangieren deutsche Touristen auf Platz vier bis fünf, wenn man alle asiatischen Besucher vernachlässigt - die allerdings den Hauptanteil ausmachen.

Nach einigen Minuten betreten wir, selbstverständlich barfuß, das Innere der Pagode. Tatsächlich erwartet uns erst einmal ein Ganzkörperscanner, ähnlich wie er am Flughafen verwendet wird. Unser Führer erklärt uns später, dass man Angst habe vor islamistischen Terroranschlägen. Obwohl hier alle großen Weltreligionen seit Generationen in engster Nachbarschaft leben, so gibt es doch momentan gerade ein gewisses Misstrauen untereinander. Dies betrifft nicht nur etwaigen Terrorismus, sondern auch das hier übliche Betelnusskauen. Beyael erzählt uns, dass es eigentlich von den "Arabern" und "Indern" initiiert wäre und auch nur noch von ihnen durchgeführt werden würde. Junge Menschen und vor allem Burmesen würden es heute nicht mehr tun. In den folgenden Wochen werden wir allerdings die Kultur des Betelnusskauens generations- und ethnien-übergreifend in allen von uns besuchten Landesteilen sehen. 135 Ethnien leben in Myanmar und Beyael selbst sagt, dass sie zumeist friedlich miteinander leben. Vorurteile und ein gewisses Misstrauen gehören aber offensichtlich wie überall mit dazu.

Zubereitung eines Betelnusspäckchens




Wir betreten nun die Pagode selbst. Das besondere ist hier, dass man um das Pagodengebäude nicht nur herum geht, sondern durch einen Eingang ins Innere gelangt. Und tatsächlich ist die Luft hier drin durch zahlreiche Klimaanlagen stark herunter gekühlt. Die Wände sind über und über mit Goldornamenten und Mustern überzogen. Über einen kreisförmigen Gang gelangt von einer zur nächsten Kammer. Wobei jede Kammer für einen anderen Wochentag steht. Da es für Myanmaren sehr wichtig ist, an welchem Wochentag sie geboren sind, wobei der Mittwoch als besonderer Tag in zwei Hälften eingeteilt wird, wird jedem Tag eine eigene Ecke bzw. Kammer gewidmet. Vereinzelt sieht man in den Ecken ein paar Menschen sitzen und beten. Sie beten den Buddha an, der ihrem jeweiligen Tag zugeordnet ist, als dass er Glück bringe und vorhandene Probleme löst. Um unse etwas tiefer in die Mythologie des Buddhismus einzuweihen, werden wir von Beyael zuerst zum hier verehrten Haar-Relikt und anschließend zu verschiedenen historischen Statuen geführt. Dabei hören wir allerhand religiöse Fabeln, Märchen und religiöse Geschichten. Eines steht definitiv fest: Buddhisten haben recht blutrünstige Geschichten. So soll hinter einer stehenden Buddha-Statue mit ausgestrecktem Arm und Finger eine Geschichte verborgen sein, die von einem bösen Menschen erzählt, der einst Finger sammelte. Sein Ziel waren 1000 Finger zu besitzen, doch überfiel er ausgerechnet seine eigene Mutter, als er den letzten Finger sammeln wollte. Da wäre ihm Buddha erschienen und habe ihm von seiner Tat abgehalten. Total beeindruckt von dieser Erfahrung, gelobte der Fingersammler nun Besserung und zog als Mönch in den Wald. Da aber die Menschen in seinem Umfeld immer noch den bösen Menschen in ihm sahen, bewarfen sie ihn mit Steinen, man jagte ihn... die Geschichte geht noch ein ganzes Stück weiter. Wie in den meisten Religionen und Glaubensrichtungen gibt es auch im Theravada Buddhismus eine Reihe von Schreckensgeschichten und Geistern, um Tugenden in der Gesellschaft umzusetzen. Als uns Beyael noch mehr blutrünstige Stories erzählen möchte, bremsen wir ihn ab. Für heute reicht es, schließlich warten in den nächsten Tagen noch ein paar Hindu-Tempel auf uns. Und deren Geschichten sind nicht weniger grausam.

Die Wände der Pagode sind nicht nur
von außen, sondern auch innen
vollständig mit Gold überzogen.


Statt dessen schauen wir uns lieber das hier gelagerte Relikt an, bzw. das, was davon zu sehen ist. Denn angeblich sollen hier wiederum Haare und ein Zahl von Buddha liegen. Erstaunlicherweise findet man quer über Südasien verteilt so unglaublich viele Haar- und Zahnrelikte Buddhas, dass man schon davon ausgehen muss, dass zumindest letztere bei ihm permanent nachgewachsen und wieder ausgefallen sein müssen. Die Relikte selbst sieht man verständlicherweise nicht. Sie sollen in einer Truhe liegen oder eingemauert sein. Nach außen hin sind lediglich reichlich Verzierungen, Gold, Diamanten und andere Edelsteine zu sehen. Darüber legt sich eine dicke Decke an Geldscheinen.

Irgendwo unter den Blumen, den Geldscheinen,
tief im Inneren einer der goldenen Schatullen
sollen die Buddha-Relikte liegen.


Wir ziehen weiter in den Hof der Pagode. Dort döse ein paar kleine Schildkröten auf einer künstlichen Insel in mitten eines Teiches. Da Schildkröten in der buddhistischen Mythologie heilig sind, werden sie gepflegt und gehegt. Und daran dürfen sich auch Besucher beteiligen: für eine kleine Spende darf man am benachbarten Stand einen Teller mit Salat, Erdnüssen und ein bisschen Gemüse kaufen. Der wird dann einfach über dem Teich aus gekippt. Da die Schildkröte an derlei Leckerei schon gewöhnt sind, tummeln sie sich recht schnell um die Salatblätter, die innerhalb von wenigen Sekunden verschwunden sind. Den Besucher erwarten ein paar weitere Karma-Punkte und ein "glücksverheißendes" Leben.

Die Schildkröten erfreuen sich eines recht fröhlichen Daseins,
da sie äußerst beliebt bei Pagodenbesuchern sind und
so regelmäßig Futter "gespendet" bekommen.

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